Familientag am 08.10.2022 in Stuttgart
Jüdisches Leben in Stuttgart
(von Frieder Leube)
Der diesjährige Familientag in Stuttgart war beeinflusst vom Themenjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Im Jahr 2021 lebten Jüdinnen und Juden nachweislich seit 1700 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands: Ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin von 321 erwähnt die Kölner jüdische Gemeinde. Es gilt als
ältester Beleg jüdischen Lebens in Europa nördlich der Alpen. Zu der reichen und schweren Geschichte von jüdischem Leben in Stuttgart wurden vom Vorbereitungsteam zwei Schwerpunkte ausgewählt und vorbereitet.
Der Tag begann im „Hotel Silber“ am Charlottenplatz. Das Gebäude wurde mehr als ein halbes Jahrhundert von der Polizei genutzt und war Zentrale der Gestapo für Württemberg und Hohenzollern. In dem einstigen Ort des NS-Terrors entstand als Bürgerbeteiligungsprojekt ein Ort des historisch-politischen Lernens und der Begegnung.
Unter dem Schwerpunkt „Ausgrenzung aus der Volksgemeinschaft“ wurden für die Zellerfamilie zwei parallele Führungen angeboten. Die einen kannten bereits diesen Ort, für andere war es ein erstmaliger Besuch dieses Ortes, an dem die Rolle der Polizei und ihre Taten in den politischen Systemen aufgezeigt wurden. Die Darstellung der Täter und der Opfer in der Lokalgeschichte von Stuttgart ging unter die Haut.
Zum Mittagessen und Kaffeetrinken traf sich die Gruppe der Großfamilie in der „Alten Kanzlei“ am Schillerplatz in einem schicken Raum, der uns den Nachmittag über zur Verfügung stand. Die Gruppe war in diesem Jahr etwas kleiner. Die Organisatoren Eva Zeller und Frieder Leube erreichten im Vorfeld einige Entschuldigungen. Beim Mittagessen und Kaffeetrinken nutzten wir die Möglichkeiten der Gemeinschaft und des einander Erzählens. Alle freuten sich, dass zeitweise vier Generationen vertreten waren und zwei Kinderwagen zum Bild des Familientags gehörten. Am Ende des Kaffeetrinkens wurde der Verstorbenen des vergangenen Jahres gedacht, darunter Ernst Zeller, unser langjähriger Vorsitzender. Alle freuten sich, dass Anja Zeller, die Tochter von Ernst und Monika Zeller, zukünftig zum Familienrat gehören und bei der nächsten Mitgliederversammlung formal gewählt werden soll. Bereits bei Kaffee und Kuchen wurde an dem einen oder anderen Tisch darüber gesprochen, dass zukünftig bei der Programmplanung des Familientags die jüngeren Generationen mit ihren Familien stärker berücksichtigt werden sollen.
Der Nachmittag war geprägt von einem Stadtspaziergang und der Spurensuche von jüdischem Leben im Hospitalviertel. In Stuttgart bestand bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde. Bis 1498 hatte die Gemeinde ihr Zentrum mit Synagoge und rituellem Bad. Doch der erste Herzog von Württemberg, Eberhard im Barte, verfügte in seinem Testament die »Ausschließung« der Juden aus seinem Territorium. Im 18. Jahrhundert wurden Hofjuden oder Hoffaktoren Privilegien eingeräumt. Aber erst im 19. Jahrhundert wurde Juden wieder die Niederlassung in Stuttgart erlaubt. Der Ausführungen des Guides waren interessant, gerieten allerdings immer wieder etwas zu weitschweifend.